Fragt man ihre Tochter, bekommt man zur Antwort, sie rede kaum noch; andere sagen, sie nehme ihre Krankheit schweigend und duldsam hin, wie sie es ihr Leben lang gehalten habe – ihr Eheleben lang, fügen manche hinzu. Das erzählt man nicht, man stellt die Blumen und den Orangensaft auf dem Beistelltisch ab und sieht der Tochter zu, wie sie Creme aus einer keuchhustenden Cremetube drückt. Man verabschiedet sich mit diesem Bild: Ihr Schädel auf dem Kissen, das Gesicht zur Zimmerdecke, unter den zitternden Lidern bricht das Weiß im Auge durch wie aus einer eingeschlagenen Eierschale. Man nimmt das Bild mit und den Aufzug, auf dem Parkplatz trifft man ihn, er wartet am Auto und raucht billige Zigaretten Marke Schmuggelware, Krankenhäuser sind nichts für ihn, der seit ihrer Einweisung schon zwei Kilo abgenommen hat, der Angst hat, vom Fleisch zu fallen. Die Tochter kocht für zwei, stellt ihm den Suppenteller auf den Tisch, stellt ihm ein Bier dazu, im »Adler« bleibt die Küche kalt, die Gesundheitspolizei war da, das Schild mit der Aufschrift »Warmer Fleischkäse« dürfe man nicht mehr an die Straße stellen, sagt man ihm und stellt ihm ein Bier aus der Flasche hin und er setzt die Flasche an die Lippen und setzt sie ab und sagt, das hätte es früher nicht gegeben, früher hätte es Bier vom Fass gegeben und Scheibe um Scheibe warmen Fleischkäse, bis einem davon übel geworden sei und man wochenlang keinen warmen Fleischkäse mehr habe sehen können und dann, sagt er, habe es immer noch Ehefrauen gegeben, die in aller Herrgottsfrühe in der Küche gestanden und Bubespitzle gewalkt hätten, bis ihre Finger blutig gewesen seien.